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Neugestaltung Unterer Quai

Die Stadt Biel wollte den Abschnitt des Unteren Quais zwischen Zentralplatz und Spitalstrasse neu gestalten. Der Kredit für die Realisierung wurde am 9. Juni 2024 an der Volksabstimmung abgelehnt.

Angenehme Promenade im Schatten der Bäume auf der rechten Seite des Unteren Quais (Visualisierung, Dezember 2023)

Ausgangslage

Der Untere Quai wurde im 19. Jahrhundert errichtet: Zusammen mit dem Bau eines Kanals für die Schüss wurde eine 2 km lange, bepflanzte Promenade geschaffen. Sie lud die Bevölkerung in ruhiger und entspannter Atmosphäre zum Flanieren ein. Diese Qualität hat der Untere Quai über die Zeit verloren. Die Trottoirs und die Strasse erfordern grundlegende Sanierungsarbeiten. Zudem gibt es nur wenige Aufenthaltsbereiche, die zum Verweilen einladen.

Ziele

Das Projekt zur Neugestaltung des Unteren Quais entspricht den Zielen der Stadt, vielfältige und attraktive Räume zu schaffen und im Bereich Klima vorbildlich zu handeln.

Attraktive Verhältnisse für den Langsamverkehr

Beide Uferseiten des Unteren Quais werden verkehrsberuhigt und die Anzahl Parkplätze reduziert. So entsteht mehr Platz für Velofahrende sowie für Fussgängerinnen und Fussgänger.

Das rechte Schüssufer wird zu einer gemütlichen Promenade – der motorisierte Verkehr wird auf den Zubringerdienst beschränkt. Auf der linken Uferseite bleibt die Tempo-30-Zone von heute mit Velo-Gegenverkehr bestehen. Es werden jedoch Parkplätze aufgehoben, um die Strasse zu verbreitern und so die Sicherheit der Velofahrenden zu erhöhen. Die Veloachse von der Schüssinsel bis zum See wird so gestärkt. Für die Fussgängerinnen und Fussgänger wird das Trottoir entlang der Gebäude vergrössert und verbessert.

Die Karl-Neuhaus-Brücke wird vom motorisierten Verkehr befreit und lädt stattdessen zum Verweilen ein. Die Verkehrsfläche auf der Brücke Spitalstrasse wird verringert und neu strukturiert. Dies schafft Raum für die Gestaltung eines einladenden öffentlichen Platzes auf der Brücke.

Gesundes Stadtklima

Mit dem Klimawandel werden Hitzeperioden häufiger, länger und heisser. In Städten ist die Hitzebelastung besonders gross, denn die vielen asphaltierten Flächen absorbieren die Sonnenstrahlung und heizen die Umgebung auf. Dies führt an heissen Tagen zu sogenannten Hitzeinseln: Die Stadt wärmt sich am Tag stärker auf und kühlt in der Nacht langsamer ab als das Umland. Mit mehr Grünflächen, Beschattung durch Bäume und der Entsiegelung des Bodens kann die Stadt diesen Effekt lindern.

Mit der Neugestaltung des Unteren Quais wird der Boden aufgelockert: das Regenwasser versickert im Boden und Pflanzen können besser wachsen. Zusätzliche Anpflanzungen erhöhen die Artenvielfalt und schaffen im Sommer schattige Plätze. Die bestehenden Bäume bleiben, mit Ausnahme der kranken Exemplare, die in den nächsten fünf Jahren sowieso ersetzt werden müssen. Die Baumalleen werden erhalten und zusätzlich begrünt.

Schwammstadt

Wo fliesst das Regenwasser heute hin? Wo soll das Regenwasser in Zukunft abfliessen?
Grafische Darstellung, um aufzuzeigen wo das Regenwasser heute am Unteren Quai abfliesst: Der Boden ist asphaltiert und das Regenwasser wird mehrheitlich in die Schüss abgeleitet.
Heute wird das Regenwasser direkt in die Schüss und die Kanalisation abgeleitet.
In Zukunft versickert das Regenwasser in Pflanzgruben und wird gespeichert.

Hohe Aufenthaltsqualität

Die Stadt Biel will die Aufenthaltsqualität am Unteren Quai erhöhen: die Brücken werden zu Plätzen und entlang des Quais entstehen ruhige Orte mit Bänken und Liegestühlen. Die vom gesamten Motorfahrzeugverkehr befreite Karl-Neuhaus-Brücke wird als öffentlicher Platz gestaltet. Vor dem Häuschen auf der Brücke Spitalstrasse gibt es mehr Platz für einen Begegnungsort. Zudem werden Orte ohne Konsumzwang und Orte zum Spiel für Familien eingerichtet. Trinkbrunnen ergänzen das Mobiliar auf den öffentlichen Plätzen. 

Die prägenden Elemente des Unteren Quais wie der Kanal, die Geländer, die Beziehung zu den historischen Gebäuden und ihren Vorgärten an der Strasse sowie die Baumallee bleiben erhalten. Gleichzeitig wird die Aufenthaltsqualität geschaffen, die dem Unteren Quai heute fehlt. Die vorgesehene Neugestaltung gibt dem Unteren Quai seinen Charakter als grosszügiger öffentlicher Raum zurück. Gleichzeitig wird sie den Herausforderungen und Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts gerecht.

Die linke Uferseite wird qualitativ aufgewertet: Breites Trottoir, Velostrasse, Spazierweg. Der Zugang mit dem Auto ist weiterhin gewährleistet. (Visualisierung, Dezember 2023)

Projektverlauf

Das Projekt hat seinen Ursprung in den 2019 geführten Dialogen mit den Nutzenden des öffentlichen Raums. Im Sommer 2019 wurden mit den «Sommerinseln» verschiedene Nutzungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum getestet. 2020 bis 2021 fand ein Landschaftsarchitekturwettbewerb nach SIA 143 statt. Das Siegerprojekt des Büros apaar wurde seither weiterentwickelt, so dass es bestmöglich an die Bedürfnisse verschiedener Menschen angepasst ist.

Der Stadtrat hat im Juni 2022 dem Projektierungskredit und im März 2024 dem Realisierungskredit zugestimmt. Der Realisierungskredit wurde am 9. Juni 2024 von 52,7 % der Stimmberechtigten abgelehnt.

Einbezug der Bevölkerung

Die Bevölkerung war seit Beginn der Planung 2019 in die Neugestaltung des Unteren Quais einbezogen.

Juli bis Oktober 2019: Erste Sommerinsel am Unteren Quai

Die Stadt Biel gestaltete während zweier Monate den öffentlichen Raum entlang des Unteren Quais temporär um: neun Parkplätze wurden aufgehoben und die Karl-Neuhaus-Brücke für den motorisierten Verkehr gesperrt. Entlang der Schüss und auf der Brücke wurden Stühle, Tische und Liegestühle platziert. Damit wurden Möglichkeiten für eine zukünftige Nutzung ausgelotet und die Bedürfnisse der Bevölkerung an den öffentlichen Raum eruiert.

Juni 2020 bis September 2021: Begleitgruppe, Landschaftsarchitekturwettbewerb

Die Stadt Biel führte 2020 bis 2021 einen Landschaftsarchitekturwettbewerb für die Aufwertung der gesamten Schüssquais durch. Eine Begleitgruppe mit den relevanten Anspruchsgruppen (Anwohnende, Gewerbe usw.) brachte bei den drei wichtigsten Phasen ihre Empfehlungen ein. Das Ziel war, die Arbeit des Expertengremiums aus einem anderen Blickwinkel zu begleiten und Rückmeldungen einzubringen.

Zwischen Juni und Dezember 2022: Workshops mit der Bevölkerung

Über 300 Personen brachten zwischen Juni und Dezember 2022 an verschiedenen Workshops ihre Bedürfnisse und Ideen für die Neugestaltung des Unteren Quais ein. Zusätzlich wurde eine Umfrage organisiert, an der über 400 Antworten eingingen. Die Resultate wurden ausgewertet und vom Planungsteam in das Projekt für das Baugesuch aufgenommen.

Januar 2024: Umfrage zur Benennung des neuen Platzes auf der Brücke der Spitalstrasse

Für die Benennung des geplanten Platzes wurde vom 8. bis 22. Januar 2024 eine Online-Umfrage durchgeführt. Interessierte konnten die Portraits von vier bedeutenden Bielerinnen entdecken und daraus den künftigen Namen für den neuen Platz wählen. Insgesamt nahmen 1082 Personen teil. Eine deutliche Mehrheit (854 Stimmen) wählte Félicienne Villoz-Muamba. Der Gemeinderat beschloss deshalb, den geplanten Platz, unter Vorbehalt der Bewilligung des Realisierungskredits zur Neugestaltung des Unteren Quais durch die Bieler Stimmberechtigten, als «Félicienne-Villoz-Muamba-Platz» zu benennen.

Kosten

Die Neugestaltung des Unteren Quais kostet rund 7 Millionen Franken. Davon wurden bereits 1,22 Millionen Franken vom Stadtrat im Juni 2022 für die partizipative Planung freigegeben. Ungefähr 60 % der Gesamtkosten wären voraussichtlich von Bund und Kanton durch das Agglomerationsprogramm 5. Generation subventioniert worden.

Für die Realisierung wäre somit eine zusätzliche Investition der Stadt Biel von nur rund 1,1 Millionen Franken erforderlich gewesen.

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